Was offiziell Landgraben heißt und der Entwässerung des Oderbruchs dient, heißt bei den Freienwaldern einfach nur „Kanal“. Ob vielleicht sogar der regionale Dialekt „Kanaldeutsch“ davon seinen Namen hat? Da sagt man übrigens „Ick jehe nach Oman“, wenn man sich zur Großmutter begeben will.
Weil unser Landgraben gewissermaßen ein Restgewässer der ursprünglichen Oder ist, kann Bad Freienwalde nach wie vor mit Fug und Recht davon sprechen, an der Oder zu liegen. Auch wenn man den Beinamen vorsichtshalber in Klammer gesetzt hat, klingt noch immer die große Bedeutung an, die der Fluss für die Stadtgeschichte hatte und hat. Im Guten wie im Schlechten übrigens: Um 1200 wurde Freienwalde gegründet – am schmalsten Übergang von der Mittel- in die Neumark. Hierfür musste man damals noch das von vielen Armen durchflossene unwirtliche Oderbruch mittels Fähre überqueren. Die Bezeichnung „Die große Hechtsee“ für einen dieser Wasserläufe zeugt vom enormen Fischreichtum. Später wurden Dämme gebaut und man gelang trockenen Fuß in Richtung Neumark und Pommern. Und obwohl nach der Trockenlegung des Oderbruchs Mitte des 18. Jahrhunderts der eigentliche Fluss ein ganzes Stück entfernt lag, setzte der Deichbruch im Jahre 1947 auch große Teil Bad Freienwaldes unter Wasser. Und genau ein halbes Jahrhundert später, als ganz groß der 250 Jahre zurückliegende Beginn der Trockenlegung gefeiert werden sollte, stieg das Wasser der Oder im Sommer 1997 so hoch, wie seit langem nicht mehr: Deiche brachen, unzählige Menschen wurden evakuiert und auch die Freienwalder saßen bereits auf gepackten Koffern. Nur der unermüdliche Einsatz vieler Freiwilliger aus ganz Deutschland verhinderte das Schlimmste; auch die Bundeswehr half.
Steht man als Besucher heute an dem äußerst gemächlich dahinziehenden Landgraben, sind Fähren, Hochwasser und Sandsäcke stapelnde Soldaten nur schwer vorstellbar. Wenn Sie aber im Falle eines Falles – bei Starkregen zum Beispiel – unruhig werden sollten: Die Deiche werden ganz bestimmt halten. Wer aber ganz sicher gehen will, setzt sich ganz entspannt auf eine Bank vors Rathaus: denn so hoch steigt das Wasser garantiert nicht!
Das Schöpfwerk Alttornow
Auch wenn man das Schöpfwerk Alttornow in der Nähe des Bad Freienwalder Bahnhofes gern mal links liegen lässt, hat es das Bauwerk in sich: 1895 erbaut, entwässert es 1330 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche zwischen Altkietz und Bad Freienwalde in die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße. Es hält ferner die Bad Freienwalder Stadtrandsiedlung und die Kleingärten am Landgraben bei Rückstau des Wassers aus der Oder trocken.
Wat‘ isn Dampmaschin‘?
Die berühmte Frage aus dem Film „Feuerzangenbowle“ kann man anschaulich am Schöpfwerk beantworten: Dort nämlich steht gut sichtbar ein Teil jener anfangs mit Dampf betriebenen Turbine, die 1895 mehr als 110 Jahre ihren Dienst tat. Na, das ist doch mal ne Dampfmaschin‘!